Nutzung einer Teileigentumseinheit im “Ärztehaus” zu Wohnzwecken?

Der Bundesgerichtshof hat am 23.03.2018 über einen Rechtsstreit entschieden, in dem mehrere Teileigentümer von dem Eigentümer einer früher als Arztpraxis genutzten Teileigentumseinheit verlangt haben, dass er es unterlässt, die Einheit zu Wohnzwecken zu nutzen.

Sachverhalt:

Die Parteien sind Mitglieder einer Teileigentümergemeinschaft. Nach der Teilungserklärung von 1989/1990 dient das aus sieben Einheiten bestehende Gebäude “zur beruflichen und gewerblichen Nutzung”. Die Einheiten dürfen “ausdrücklich beruflich oder gewerblich, insbesondere auch als Apotheke oder Arztpraxis genutzt werden”. Nach der Aufteilung befanden sich zunächst in sechs Einheiten Arztpraxen, die siebte diente als Apotheke. Der Beklagte ist Eigentümer einer der ursprünglichen Arztpraxen. Im Jahr 2013 wurde in unmittelbarer Nähe zu der Anlage ein großes Ärztehaus errichtet. Die Mieter des Beklagten kündigten das Mietverhältnis. Aktuell werden nur noch drei Einheiten als Arztpraxen genutzt. Die Apotheke wurde zu einem Teil an ein Büro für Tierschutzhilfe vermietet und steht im Übrigen leer. In einer der ehemaligen Arztpraxen befindet sich eine Schülernachhilfe. Der Beklagte teilte seine Einheit auf, baute sie um und vermietete beide Teile als Wohnraum.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht ihr stattgegeben und den Beklagten verurteilt, die Nutzung seiner Einheit zu Wohnzwecken zu unterlassen. Mit der Revision, die der Bundesgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, will der Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision zurückgewiesen. Er hat die Entscheidung des Landgerichts allerdings nur im Ergebnis für richtig gehalten.

Im Ausgangspunkt steht den Klägern ein Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 3 WEG zu, weil die Einheit des Beklagten nach der Gemeinschaftsordnung nicht als Privatwohnung, sondern nur für berufliche und gewerbliche Zwecke genutzt werden darf. Zwar kann sich eine nach dem vereinbarten Zweck ausgeschlossene Nutzung als zulässig erweisen, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung. Das ist aber bei der Nutzung einer Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn sich die Einheit – wie hier – in einem ausschließlich beruflichen und gewerblichen Zwecken dienenden Gebäude befindet. In einem solchen Gebäude ist die Wohnnutzung bei typisierender Betrachtung regelmäßig schon deshalb störender als die vorgesehene Nutzung, weil sie mit typischen Wohnimmissionen (wie Küchengerüchen, Freizeit- und Kinderlärm oder Musik) sowie einem anderen Gebrauch des Gemeinschaftseigentums (etwa im Flur herumstehenden Gegenständen) einhergeht und zu anderen Zeiten – nämlich ganztägig und auch am Wochenende – erfolgt. Die Teileigentümer haben ein berechtigtes Interesse daran, dass der professionelle Charakter einer derartigen Anlage erhalten bleibt, um Konflikte, die durch eine in der Teilungserklärung nicht angelegte gemischte Nutzung hervorgerufen werden können, von vornherein zu vermeiden.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt aber in Betracht, dass der Beklagte gemäß § 10 Abs. 3 Satz 2 WEG die Änderung der Gemeinschaftsordnung dahingehend verlangen kann, dass seine Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken genutzt werden darf. Mit der Kodifizierung des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG im Jahr 2007 hat der Gesetzgeber die Hürden an die Anpassung der Gemeinschaftsordnung bewusst etwas absenken wollen. Dass schwerwiegende Gründe im Sinne der Norm vorliegen, kommt in Betracht, wenn – wie es der Beklagte vorträgt – eine dauerhafte gewerbliche Vermietung angesichts von Lage und Ausstattung des Gebäudes nicht ernsthaft zu erwarten ist; dann würde der Beklagte an einer wirtschaftlichen Verwertung der Einheit gehindert. Mit Erfolg rügt die Revision deshalb, dass – wie von dem Beklagten beantragt – ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müsste, wenn es auf das Bestehen des Anpassungsanspruchs ankommen sollte. Vor dem Hintergrund, dass in der Nachbarschaft ein modernes Ärztehaus entstanden ist, drei der ehemaligen Arztpraxen leer stehen, die Apotheke nicht mehr als solche genutzt wird und das Amtsgericht nach Zeugenvernehmung mehrerer Makler zu der Überzeugung gelangt ist, dass eine Vermietung als Praxis oder für ähnliche Zwecke trotz längerer intensiver Bemühungen des Beklagten unabhängig von dem geforderten Mietzins nicht möglich gewesen sei, weil es keine Interessenten gegeben habe, lässt sich ohne sachverständige Begutachtung nicht ausschließen, dass schwerwiegende Gründe für das Begehren des Beklagten streiten. Darüber hinaus müsste geklärt werden, welche konkreten Nachteile den Klägern daraus erwachsen, dass die Einheit des Beklagten zu Wohnzwecken genutzt wird. Dabei könnten unter anderem die baulichen Gegebenheiten von Bedeutung sein. Bei der von § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG geforderten umfassenden Interessenabwägung müsste ggf. auch in den Blick genommen werden, dass sich ein dauerhafter Leerstand für die gesamte Anlage – und damit auch für die Kläger – als nachteilig erweisen kann.

Gleichwohl hat das Berufungsgericht der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Selbst wenn nämlich ein Anpassungsanspruch gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG bestehen sollte, müsste der Beklagte diesen zunächst im Wege der Klage durchsetzen. Er darf ihn nicht im Wege der Einrede gegen den Unterlassungsanspruch geltend machen. Diese Frage war bislang umstritten. Der Bundesgerichtshof hat nun geklärt, dass berechtigte Anpassungsbegehren erst in der Gemeinschaftsordnung umgesetzt werden müssen, damit klar und eindeutig ist, welche Vereinbarungen für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander gelten. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn man den Anpassungsanspruch im Wege der Einrede geltend machen dürfte. Dann würde die Unterlassungsklage zwar wegen des bestehenden Anpassungsanspruchs abgewiesen. Eine Änderung der Gemeinschaftsordnung unterbliebe aber; es stünde auch nicht rechtskräftig fest, dass der Anpassungsanspruch besteht, weil sich die Wirkungen der Rechtskraft nicht auf Einreden erstrecken.

Ließe man eine solche Einrede zu, würden die übrigen Eigentümer außerdem durch die eigenmächtige Nutzungsänderung in die Klägerrolle gedrängt. Grundsätzlich muss aber derjenige, der gegen den Willen der übrigen Wohnungseigentümer die Anpassung der Nutzungsregelung erreichen will, eine darauf gerichtete Klage erheben; die neue Nutzung darf er erst dann aufnehmen, wenn er ein entsprechendes rechtskräftiges Urteil zu seinen Gunsten erstritten hat. Bis dahin muss die bislang geltende Gemeinschaftsordnung beachtet werden und Nutzungen, die den darin vereinbarten Zweckbestimmungen widersprechen, müssen unterbleiben.

Urteil vom 23. März 2018 – V ZR 307/16

Aufhebungsvertrag – Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds

Beabsichtigt der Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis mit einem Betriebsratsmitglied unter Berufung auf verhaltensbedingte Gründe außerordentlich zu kündigen und schließen Arbeitgeber und Betriebsratsmitglied nach Einleitung eines Verfahrens zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der Kündigung und nach vorausgegangenen Verhandlungen eine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung und ggf. andere Zuwendungen, so liegt darin regelmäßig keine nach § 78 Satz 2 BetrVG unzulässige Begünstigung des Betriebsratsmitglieds.

Der Kläger war seit 1983 bei der Beklagten beschäftigt und seit 2006 Vorsitzender des in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrats. Anfang Juli 2013 hatte die Beklagte beim Arbeitsgericht unter Berufung auf – vom Kläger bestrittene – verhaltensbedingte Gründe ein Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers eingeleitet. Am 22. Juli 2013 schlossen die Parteien außergerichtlich einen Aufhebungsvertrag, in dem ua. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2015, die Freistellung unter Vergütungsfortzahlung und eine noch im Verlauf des Arbeitsverhältnisses auszuzahlende Abfindung von 120.000,00 Euro netto vereinbart wurde. Nachdem der Kläger am 23. Juli 2013 vereinbarungsgemäß von seinem Betriebsratsamt zurückgetreten und in der Folgezeit die Auszahlung der Abfindung an ihn erfolgt war, hat er mit der vorliegenden Klage den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses über den 31. Dezember 2015 hinaus geltend gemacht. Er meint, der Aufhebungsvertrag sei nichtig, weil er durch diesen als Betriebsratsmitglied in unzulässiger Weise begünstigt werde.

Die Klage blieb beim Bundesarbeitsgericht – wie bereits in den Vorinstanzen – ohne Erfolg. Nach § 78 Satz 2 BetrVG dürfen Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Betriebsratstätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Vereinbarungen, die hiergegen verstoßen, sind nach § 134 BGB nichtig. Durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrags wird das Betriebsratsmitglied allerdings regelmäßig nicht unzulässig begünstigt. Soweit die Verhandlungsposition des Betriebsratsmitglieds günstiger ist als die eines Arbeitnehmers ohne Betriebsratsamt, beruht dies auf dem in § 15 KSchG und § 103 BetrVG geregelten Sonderkündigungsschutz.

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 21. März 2018 – 7 AZR 590/16 –
Pressemitteilung Nr. 15/18

Enkel kann Pflichtteil zustehen, nachdem der Großvater den Sohn enterbt hat

Pressemitteilung OLG Hamm 05.02.2018

Enterbt ein Großvater nur seinen Sohn und vererbt sein Vermögen anderen Erben, kann dem Enkel ein Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch zustehen. Das hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 26.10.2017 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Hagen vom 08.02.2017 (Az. 3 O 171/14 LG Hagen) bestätigt.

Im Oktober 2011 verstarb der seinerzeit 72 Jahre Erblasser aus Hagen. Er hinterließ einen Nachlass und eine Lebensversicherung im – gerichtlich festgestellten – Wert von zusammen ca. 1.854.000 Euro.

Der Erblasser hatte zwei Söhne. Der Ältere verstarb kinderlos im Jahre 1990 im Alter von 28 Jahren. Der Jüngere, heute 53 Jahre alt, ist – nach im Prozess vorgelegter Geburtsurkunde – der Vater des heute 21 Jahre alten Klägers aus Hagen. Beide Söhne hatte der Erblasser in einem im Jahre 1989 errichteten Testament enterbt und zur Begründung auf ihre Rauschgiftsucht und begangene Straftaten hingewiesen, u.a. eine vom jüngeren Sohn gegen ihn verübte Körperverletzung. Zu Erben bestimmte der Erblasser in dem Testament seine damalige Lebensgefährtin sowie seinen Bruder, den heute 79 Jahre alten Beklagten aus Münster.

Nach dem Tode des Erblassers teilten die Erben den Nachlass unter sich auf. Im Jahre 2014 machte der Kläger Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche in Höhe von zuletzt ca. 927.000 Euro gegen den Beklagten und die Lebensgefährtin des Erblassers geltend. Hierzu trug er vor, Enkel des Erblassers zu sein, so dass ihm als – allein verbliebenen – gesetzlichen Erben die Hälfte des Nachlasses als Pflichtteil zustehe. Die Erben haben u.a. die Vaterschaft des enterbten Sohnes bestritten und allein die vom Kläger vorgelegte Geburtsurkunde für keinen ausreichenden Nachweis gehalten. Außerdem haben sie geltend gemacht, dass sie den Nachlass verbraucht bzw. weitergegeben hätten.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Lebensgefährtin des Erblassers sowie den Beklagten dazu verurteilt, an den Kläger auf den ihm zustehenden Pflichtteil nebst Pflichtteilsergänzung insgesamt ca. 927.000 Euro zu zahlen. Die Lebensgefährtin des Erblassers hat ihre Verurteilung nicht angefochten.

Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat seine erstinstanzliche Verurteilung bestätigt.

Der Kläger sei pflichtteilsberechtigt, so der Senat. Er habe nachgewiesen, dass er der Sohn des jüngeren Sohnes des Erblassers und damit dessen Enkel sei. Grundlage der Pflichtteilsberechtigung sei, wie beim gesetzlichen Erbrecht, die rechtliche Abstammung des Klägers von seinem Vater. Diese habe der Kläger im vorliegenden Fall mit einer Geburtsurkunde nachweisen können und durch die im Original vorgelegte Geburtsurkunde auch nachgewiesen. Nach dem Inhalt dieser Urkunde sei der Kläger das Kind des jüngeren Sohns des Erblassers. Dass der Kläger ein nichteheliches Kind sei, sei rechtlich unerheblich. Eine Unrichtigkeit dieser Geburtsurkunde habe der Beklagte zu beweisen, was ihm nicht gelungen sei. Ob der Kläger auch biologisch vom Sohn des Erblassers abstamme, sei aufgrund der feststehenden rechtlichen Vaterschaft nicht von Bedeutung.

Das vom Erblasser errichtete Testament habe den Kläger durch die vom Erblasser bestimmte Erbeinsetzung seines Bruders und seiner Lebensgefährtin von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen.

Als entfernterer Abkömmling des Erblassers sei der Kläger nunmehr pflichtteilsberechtigt. Eine dem Kläger vorgehende Pflichtteilsberechtigung seines Vaters sei nicht gegeben. Diesem habe der Erblasser neben dem Erbrecht auch den Pflichtteil entzogen. Das folge aus der testamentarisch verfügten Enterbung, die aufgrund der seinerzeit vorliegenden Entziehungsgründe auch wirksam sei.

Im Gegensatz zu seinem Vater habe der Kläger sein Pflichtteilsrecht nicht verloren. Der Erblasser habe in seinem Testament nur angeordnet, seinen Söhnen, nicht aber auch auf deren Nachkommen den Pflichtteil zu entziehen. Bezogen auf die Person des Klägers sei zudem kein Grund für eine Entziehung des Pflichtteils ersichtlich und vom Erblasser entsprechend den gesetzlichen Vorgaben auch testamentarisch nicht verfügt worden.

Da der Beklagte – neben der Lebensgefährtin des Erblassers – dem Kläger gegenüber den Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch als Gesamtschuldner schulde, sei er in Höhe des gesamten Anspruchs zur Zahlung zu verurteilen.

Darauf, dass der Nachlass nicht mehr oder nur noch zum Teil vorhanden sei, könne sich der Beklagte nicht berufen. Nach der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft habe er den Pflichtteilsanspruch mit seinem gesamten Vermögen und nicht nur mit dem übernommenen Nachlass zu erfüllen.

Rechtskräftiges Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 26.10.2017 (Az. 10 U 31/17 OLG Hamm).

Schadensersatzanspruch des Vermieters wegen Beschädigung der Mietwohnung erfordert keine vorherige Fristsetzung zur Schadensbeseitigung

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage beschäftigt, ob ein Vermieter von seinem Mieter Ersatz für Schäden an der Mietsache nur verlangen kann, wenn er ihm zuvor eine angemessene Frist zur Schadensbeseitigung gesetzt hat.

Sachverhalt und Prozessverlauf:

Der Beklagte war für mehr als sieben Jahre Mieter einer Wohnung des Klägers in Hohenroth. Nach einvernehmlicher Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe der Wohnung verlangte der Kläger vom Beklagten Schadensersatz, weil dieser insbesondere wegen Verletzung von Obhuts- und Sorgfaltspflichten für verschiedene Beschädigungen der Wohnung verantwortlich sei. Eine Frist zu Beseitigung der betreffenden Schäden hatte er dem Beklagten zuvor nicht gesetzt.

Die auf diesen Schadensersatz gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen in Höhe von 5.171 Euro nebst Zinsen Erfolg. Nach der Entscheidung des Berufungsgerichts schuldet der Beklagte dem Kläger diesen Schadensersatz wegen eines von dem Beklagten zu verantwortenden Schimmelbefalls in mehreren Räumen, wegen mangelnder Pflege der Badezimmerarmaturen und eines Lackschadens an einem Heizkörper sowie wegen eines schadensbedingt fünfmonatigen Mietausfalls. Dabei ist das Berufungsgericht nicht der Auffassung des Beklagten gefolgt, wonach Schadensersatz nur nach dem erfolglosen Ablauf einer ihm vorliegend nicht gesetzten Frist zur Schadensbeseitigung hätte verlangt werden können. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein vom Vermieter wegen Beschädigung der Mietsache geltend gemachter Schadensersatzanspruch keine vorherige Fristsetzung zur Schadensbeseitigung gegenüber dem Mieter voraussetzt.

Denn das in § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB als Anspruchsvoraussetzung vorgesehene Fristsetzungserfordernis gilt nur für die Nicht- oder Schlechterfüllung von Leistungspflichten (§ 241 Abs. 1 BGB) durch den Schuldner. In diesen Fällen muss der Gläubiger dem Schuldner grundsätzlich zunächst eine weitere Gelegenheit zur Erfüllung seiner Leistungspflicht geben, bevor er (statt der geschuldeten Leistung) Schadensersatz verlangen kann. Als eine derartige Leistungspflicht hat der Bundesgerichtshof etwa die vom Mieter wirksam aus dem Pflichtenkreis des Vermieters übernommene Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen angesehen.

Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der Verpflichtung des Mieters, die ihm überlassenen Mieträume in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch entsprechenden Zustand zu halten und insbesondere die Räume aufgrund der aus der Besitzübertragung folgenden Obhutspflicht schonend und pfleglich zu behandeln, um eine nicht leistungsbezogene Nebenpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB). Deren Verletzung begründet einen Anspruch des Geschädigten auf Schadensersatz (neben der Leistung) bereits bei Vorliegen der in § 280 Abs. 1 BGB genannten Voraussetzungen. Daher kann ein Vermieter bei Beschädigungen der Mietsache vom Mieter gemäß § 249 BGB nach seiner Wahl statt einer Schadensbeseitigung auch sofort Geldersatz verlangen, ohne diesem zuvor eine Frist zur Schadensbehebung gesetzt zu haben. Dies gilt – entgegen einer im mietrechtlichen Schrifttum teilweise vorgenommenen Unterscheidung – auch unabhängig davon, ob ein Vermieter einen entsprechenden Schadensersatz bereits vor oder (wie hier) erst nach der in § 546 Abs. 1 BGB geregelten Rückgabe der Mietsache geltend macht. Denn § 546 Abs. 1 BGB trifft weder eine Regelung darüber, in welchem Zustand die Mietsache zurückzugeben ist, noch dazu, unter welchen Voraussetzungen Schadensersatz zu leisten ist. Der Bundesgerichtshof hat deshalb die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

Urteil des BGH vom 28. Februar 2018 – VIII ZR 157/17

 

Nicht immer Mietwagen nach Verkehrsunfall (Az. 7 U 46/17 OLG Hamm)

Bei einer geringen Fahrleistung kann das Anmieten eines Ersatzwagens nach einem Verkehrsunfall nicht erforderlich sein. Dem Geschädigten steht dann nur eine Nutzungsausfallentschädigung zu. Das hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 23. Januar 2018 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Bielefeld (Az. 2 O 203/16 LG Bielefeld) bestätigt.  

Der seinerzeit 76 Jahre alte Kläger aus Bielefeld erlitt am 09.02.2016 auf dem Ostwestfalendamm in Bielefeld einen Verkehrsunfall, für den – dies ist im Verlauf des Rechtsstreits geklärt worden – allein die Be-klagte aus Bielefeld verantwortlich ist. In dem vor dem Oberlandesgericht Hamm in der Berufungsinstanz geführten Rechtsstreit streiten der Kläger und die Beklagten – der Kläger hat die Unfallverursacherin mit ihrem Haftpflichtversicherer verklagt – darüber, ob die Beklagten dem Kläger auch Mietwagenkosten in Höhe von ca. 1.230 Euro zu erstatten haben.  

Der Kläger mietete am 22.02.2016 einen Toyota Aygo als Ersatzfahr-zeug an. Mit der Reparatur seines beim Unfall beschädigten Toyota Yaris beauftragte er eine Kfz-Werkstatt in Lemgo. Der von dort aus mit der Schadensbegutachtung beauftragte Kfz-Sachverständige ermittelte Reparaturkosten in Höhe von ca. 4.300 Euro, einen Wiederbeschaffungswert von 3.900 Euro und eine Reparaturdauer von 4-5 Arbeitstagen. Der Kläger beauftragte die Kfz-Werkstatt mit der Instandsetzung des Fahrzeugs. Nach Abschluss der Reparaturarbeiten hatte er den Mietwagen 11 Tage in Anspruch genommen. In dieser Zeit legte der Kläger mit dem Mietwagen 239 km zurück.  

Die Beklagten lehnten die Erstattung der Mietwagenkosten ab, weil sie das Anmieten eines Ersatzfahrzeugs bei der geringen Fahrleistung des Klägers nicht für erforderlich erachteten. Dieser Rechtsauffassung schloss sich das Landgericht in seinem erstinstanzlichen Urteil an. Der Kläger habe nach dem eingeholten Gutachten, so das Landgericht, nur mit einer Wiederherstellungsdauer von 4 bis 5 Tagen zu rechnen gehabt. Für diese wenigen Tage sei es ihm zuzumuten gewesen, für an-stehende Fahrten ein Taxi zu benutzen, zumal er den beschädigten Pkw nicht für berufliche Zwecke gebraucht habe.  

Der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die Entscheidung des Landgerichts zu den Mietwagenkosten bestätigt und dem Kläger – anstelle der Mietwagenkosten – nur einen Nutzungsausfallschaden in Höhe von 115 Euro, 5 Tage zu je 23 Euro, zugesprochen.  

Das Anmieten eines Ersatzwagens durch den Kläger sei zur Schadens-behebung nicht erforderlich gewesen, so der Senat. Der Toyota des Klägers sei nach dem Unfall noch fahrbereit gewesen. Er habe dem Klägerdeswegen nur für die tatsächliche Dauer der Reparatur nicht zur Verfügung gestanden. Die Reparatur habe nach den Feststellungen des Sachverständigen in 5 Tagen durchgeführt werden können. Dass sie dann tatsächlich länger gedauert habe, könne der Senat nicht feststellen, weil der Beginn der Reparaturarbeiten nicht mehr zu ermitteln sei.

Unter dem Gesichtspunkt eines von dem Schädiger zu tragenden Prognoserisikos könne der Kläger nicht die Kosten für das elftägige Anmieten des Ersatzfahrzeuges beanspruchen. Nach dem Prognoserisiko schulde ein Schädiger dem Geschädigten nur die Mehrkosten, die ohne eigenes Verschulden des Geschädigten durch die von ihm beauftragte Werkstatt infolge unwirtschaftlicher oder unsachgemäßer Maßnahmen entstanden seien. Dieser Gesichtspunkt komme im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, weil der Kläger die Schadensabwicklung vollständig aus der Hand gegeben und somit selbst gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen habe.

Bei der Beurteilung der Mietwagenkosten sei zudem zu berücksichtigen, dass der Kläger in den elf Tagen nur 239 km gefahren sei. Abzüglich der einmalig zurückgelegten Strecke von seinem Wohnhaus zur Kfz-Werk-statt sei er damit nur ca. 16 km pro Tag gefahren. Der Senat gehe davon aus, dass ein tägliches Fahrbedürfnis von weniger als 20 km am Tag ein Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstelle, weil der Geschädigte dann nicht darauf angewiesen sei, ständig ein Fahrzeug zur Verfügung zu haben. Anderes habe der insoweit – auch – darlegungspflichtige Kläger nicht vorgetragen. Bei dieser Situation habe sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass Mietwagenkosten von ca. 111 Euro pro Tag die bei seinen Fahrten voraussichtlich anfallenden Taxikosten um ein Mehrfaches übersteigen würden.

Hinzu komme, dass der Kläger bei der Reparatur – zulässig – unter Wahren seines Integritätsinteresses im Rahmen der 130 %-Grenze seinen Wagen habe reparieren lassen. Entschließe sich der Geschädigte bei einer derartigen Situation zur Reparatur seines Fahrzeugs, müsse er die 130 %-Grenze beim Anmieten seines Ersatzfahrzeugs reflektieren. Das habe der Kläger im vorliegenden Fall nicht ausreichend getan, weil die von ihm geltend gemachten Reparaturkosten von ca. 4.300 Euro und die Mietwagenkosten von ca. 1.230 Euro die 130 %-Grenze von 5.070 Euro überschritten.

 In der Gesamtschau dieser Faktoren sei das Anmieten eines Ersatzfahr-zeuges durch den Kläger nicht erforderlich gewesen und ihm deswegen nur ein Nutzungsausfallschaden zuzusprechen.

 Rechtskräftiges Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. Januar 2018 (Az. 7 U 46/17 OLG Hamm)

 

 

Fortbildungsbescheinigung Heike Becker

Fortbildungsbescheinigung Jürgen Becker

Kein Notwegerecht aus Bequemlichkeitsgründen

Ein Notwegerecht besteht nicht immer, wenn es über das Nachbargrundstück einfacher ist, ins Haus zu gelangen. Das gilt auch dann nicht, wenn der Nachbar die entsprechende Nutzung des Grundstücks jahrzehntelang geduldet hat. Voraussetzung für ein Notwegerecht ist, dass ein Grundstück sonst nicht ordnungsgemäß nutzbar wäre.

Das Notwegerecht ist ein Einschnitt in das Eigentumsrecht und es besteht nur unter ganz eng vorgegeben Voraussetzungen.

Eine nur dem persönlichen Bedürfnis des Eigentümers entsprechende Nutzung eröffnet kein Notwegrecht nach § 917 BGB.

Das Unterlassungsanspruch ist auch nicht deshalb verwirkt, weil der Nachbar das Überfahren seines Grundstücks 34 Jahre lang geduldet hat. Der Eigentümer verwirkt seine Ansprüche aus dem Eigentum nicht, wenn er Störungen gegenüber solange untätig bleibt, wie sie sich ihm gegenüber als rechtmäßig darstellen. So verhält es sich hier, weil die Nutzung des Weges mit Zustimmung des Nachbarn erfolgte. Hierdurch verlor dieser aber nicht das Recht, die Gestattung zu widerrufen und anschließend Unterlassung zu verlangen.

BGH, Urteil v. 22.1.2016, V ZR 116/15

Keine Verlängerung der Räumungsfrist ohne genaue Angaben zur Wohnungssuche

Will ein zur Räumung verurteilter Mieter mangels neuer Wohnung eine Verlängerung der Räumungsfrist erreichen, muss er detailliert darlegen, um welche Wohnungen er sich wann und wie, vergeblich bemüht hat. Die Vorlage von vier Online-Anzeigen reicht hierfür bei Weitem nicht aus.

LG Darmstadt, Beschluss v. 28.4.2017, 6 S 65/17

Ob ein Testament vorliegt entscheidet der Inhalt, nicht die Bezeichnung

Geht aus einem eigenhändig unterschriebenen Schriftstück hervor, dass etwas vererbt werden soll, ist das eine testamentarische Verfügung.

Es kommt nicht darauf an, ob statt „Testament“ oder „letzter Wille“ etwas anderes in der Überschrift steht, z.B. „Vollmacht“, sofern Inhalt und äußere Umstände den Testierwillen erkennen lassen.

OLG Hamm, Urteil v. 11.5.2017, I-10 U 64/16, 10 U 64/16